LEO PESCHTA – UNCERTAIN DIMENSIONS

10. Juni – 22. Juli 2017
Eröffnung der Ausstellung am Samstag, 10. Juni um 19 Uhr.

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Roboter 10pcs BM MK II, 2011© L. Peschta

 

 

Eine Maschine ist eine Maschine, ist eine Maschine, ist eine Maschine

Wenn man glaubt, dass Roboter unbedingt nett und freundlich aussehen müssen und mit zwei Augen versehen wie verletzbare Kreaturen wirken, die dir zwar Arbeit abnehmen können, aber gleichzeitig suggerieren, dass sie am Liebsten eigentlich nur mit Dir in Kommunikation treten wollen, dann ist das nur eine Sicht auf Roboter. Eine sehr verklärte, mit tief verankerten Wünschen und Hoffnungen getragene Vorstellung, dass wir endlich jene menschenähnlichen Assistenten bekommen, die uns unser Leben erleichtern sollen und in denen wir uns wiederfinden. Autonom, also selbstbestimmend und selbstlernend dürfen sie schon sein, desto intelligenter und angepasster an uns, desto besser, aber den Knopf oder Click zum Ein- und Ausschalten wollen wir in unseren Händen haben.

Viel aufgeklärter ist die Herangehensweise von Leo Peschta. Und, ja, auch seine Maschinen und Automaten sind Roboter. Auch wenn seine Roboter so einiges können, wie Räume messen oder geolokale Datenabläufe in Bewegungen umzuwandeln, dann sind sie doch eindeutig Automaten. Und gerade diese puristische Orientierung an der Maschine selbst ist es, die Leo Peschta´s Arbeiten ausmachen. Ganz gegenteilig zu der verspielten anthropomorphen Ästhetik vieler seiner japanischen Kollegen, ist es Leo Peschta in seinen Arbeiten von außerordentlicher Wichtigkeit, die Maschine in ihrer Purheit zu präsentieren. Eine Maschine, ist eine Maschine, ist eine Maschine, könnte sein Credo sein. Es kommt einem vor, als wenn Peschta immer und immer wieder uns darauf hinweisen will, dass wir doch nicht so leichtfertig uns einreden lassen sollen, dass Maschinen menschenähnliche Lebewesen sein können oder werden sollen.

Hier kommt jedoch ein weiteres wichtiges Moment zum Tragen: der Roboter und seine Funktion. Sind Roboter meist an eine Tätigkeit gekoppelt, wie eine Unmenge an Autoteilen pro Tag zu lackieren, eine erkrankte Person unbeschwert hochzuheben, Pakete in den Lagerhallen der Konsumgiganten 24 Stunden lang zu managen oder uns im Alltag zu assistieren; dann sind die Roboter von Peschta anscheinend unnütze Weggefährten, die „nur“ spielen: Sie „zermessen“ Räume, um im selben Moment die gesammelten Daten auch gleich wieder wegzuschmeißen. Sie visualisieren als gefährlich anmutendes, sich drehendes Maschinenkonstrukt unsere zurückgelegten Bewegungen und Wegstrecken im Alltag. Warum? Viele Roboter können doch mittlerweile jede menschliche Bewegung über künstliche Gelenke und neueste Motoren in scheinbar jugendlicher Geschmeidigkeit imitieren? Aber es wäre kein Peschta, würde auch hier nicht die Kritik viel tiefer sitzen, denn seine Roboter genügen sich selbst. Er baut Maschinen den Maschinen wegen und nicht den Menschen wegen. Es ist ihm nicht wichtig, dass seine Maschinen uns helfen, er reflektiert Maschinen nicht in Bezug zum Menschen. Seine Roboter haben zwar Bezug zu uns, zu unserer Welt, genügen sich jedoch selbst. Unsere menschliche Fokussierung auf Nutzen (der Roboter kann viel besser meine Oma aus dem Bett heben als ich) und Gewinn (der Roboter kann 24 Stunden im Lager arbeiten und wird nicht müde) wird in all den künstlerischen Arbeiten von Peschta gehörig auf den Kopf gestellt. Er hinterfragt die ökonomischen und politischen Orientierungen hinter unseren Wunschmaschinen der Zukunft. Denn – wie gesagt – eine Maschine ist eine Maschine und viel wichtiger wäre zu fragen: was haben wir vor mit den zukünftigen Illusionswerkzeugen und wer bestimmt diese Agenda?

Manuela Naveau, Kuratorin und Projektmanagerin Ars Electronica          
www.manuelanaveau.at

 

 

Auf den Raum losgelassene maschinelle Skulpturen

Karlheinz Pichler – Kultur Juni 2017

Der 1978 in Wien geborene ehemalige Ruth-Schnell-Schüler Leo Peschta beschäftigt sich in seiner künstlerischen Arbeit hauptsächlich mit Robotik und dem Bau von maschinenartigen Objekten und kinetischen Systemen, für die er schon etliche Auszeichnungen erhielt, wie etwa den Robots‘Choice Award (Art-Bots Dublin). Unter dem Titel „Uncertain Dimensions– Rauminstallationen“ zeigt er nun in der Bregenzer Galerie Lisi Hämmerle einen Querschnitt von Arbeiten, die in den letzten Jahren entstanden sind. Zum Beispiel die Arbeit „17:40-18:40“. Dabei handelt es sich um eine kinetische Skulptur, die durch Formveränderungen die aufgezeichneten Bewegungen von Personen durch die Stadt wiedergibt. Gemäß den Angaben des Künstlers werden drei Personen mit einem GPS-System ausgestattet und gebeten, zu einer beliebigen Stunde am Tag die für sie typischen Alltagsrouten abzugehen. Die aufgezeichneten GPS-Daten werden auf einem Computer in 60 Koordinatenpaare zerlegt, die jeweils die Position der Person zu jeder einzelnen Minute dieser Stunde repräsentiert. Je nach Information bewegen sich fünf Aluminiumteile, die jeweils ein Meter lang sind und durch computergesteuerte Gelenke miteinander verbunden sind, und nehmen verschiedene Winkel zueinander ein. Wobei das Objekt immer eine Bewegung über den Zeitraum von fünf Minuten darstellt. Jede Minute verschieben sich die den Punkten zugewiesenen Koordinaten um eine Position.

Mit dem „Zermesser“ bringt Peschta zudem eine Bewegungsskulptur nach Bregenz, die er bereits an der Moskow Biennale und der Linzer Ars Electronica präsentiert hat. Der Künstler beschreibt den „Zermesser“ als autarken, raumgreifenden Körper, „ein Körper, dessen Selbstzweck es ist, den ihn umliegenden Raum zu ertasten und den Zusammenhang zwischen eigener Form und Umwelt zu artikulieren.“Die „Maschine“ besteht aus sechs autonomen Schienen, die Tetraederartig miteinander verbunden sind, und von denen jede einzelne mit einem Mikrokontroller, Motor und Stromversorgung bestückt ist. Um sich durch Kippen im Raum bewegen zu können, sind laut Peschta sämtliche Seitenelemente und Eckpunkte per Funk, durch ein intelligentes Mesh-Netzwerk, das sich selbst konfiguriert und dafür sorgt, dass die von einem Modul gesendeten Daten nur den gewünschten Empfänger und nicht alle sich im Netzwerk befindlichen Module erreicht, miteinander vernetzt.

Puristische Orientierung

Neben diesen robotischen Beiträgen stellt Peschta, der die Werkschau bei Lisi Hämmerle selber gestaltet, auch noch Arbeiten wie den „Windrecorder SR-1“ oder „Klopfer“ zur Schau. Die Künstlerin und Ars-Electronica-Kuratorin Manuela Naveau beschreibt die skurrilen, teils mit „Intelligenz“ ausgerüsteten Dinger von Peschta: „Auch wenn seine Roboter so einiges können, wie Räume messen oder geolokale Datenabläufe in Bewegungen umzuwandeln, dann sind sie doch eindeutig Automaten. Und gerade diese puristische Orientierung an der Maschine selbst ist es, die Leo Peschtas Arbeiten ausmachen. Ganz gegenteilig zu der verspielten anthropomorphen Ästhetik vieler seiner japanischen Kollegen, ist es Leo Peschta in seinen Arbeiten von außerordentlicher Wichtigkeit, die Maschine in ihrer Purheit zu präsentieren. Eine Maschine, ist eine Maschine, ist eine Maschine, könnte sein Credo sein.“

 

>> Leo Peschta

 
Wind Recording – SR-1 is wearable wind-recording and playback device

 

A Machine is a Machine is a Machine is a Machine

There are those who feel that robots must look nice and friendly, with two eyes to make them seem like vulnerable creatures; that, while they can do your work for you, they should also suggest that they would prefer nothing more than to communicate with you. But that is only one view of robots. A very sentimental view, underpinned by deeply rooted desires and aspirations that we might one day finally have the kind of humanoid assistants who both help to make our lives easier and reflect our own selves. It is alright if they are autonomous, that is, make decisions and learn on their own – the more intelligent and adapted to us the better – but the button or click to turn them on and off should still be in our hands.

Leo Peschta’s approach is far more enlightened. And, yes, his machines and automatons are robots. Even if his robots can do quite a bit, like measuring rooms or converting geolocational data sequences into movement, they are clearly automata. And it is precisely this puristic focus on the machine itself that defines Leo Peschta’s work. Quite contrary to the playfully anthropomorphic aesthetics of many of his Japanese colleagues, Leo Peschta places great importance in his work on presenting the machine in its purest form. A machine is a machine is a machine could be his credo. It seems as though Peschta is continually urging us not to be so easily convinced that machines can or will become human-like beings.

Yet there is another important factor that comes into play here: the robot and its function. If robots are usually linked to an activity – painting innumerable cars per day, easily lifting a sick person, managing packages around the clock in the warehouses of the retail giants, or assisting us in everyday life – then Peschta’s robots would appear to be useless companions who „only“ play: They crudely measure spaces, merely to immediately discard the collected data. Taking the form of seemingly dangerous, twisting machine constructions, they visualize our movements and travel in everyday life. Why? After all, many robots can now imitate every human movement with apparent youthful suppleness using artificial joints and the latest motors. But it would not be Peschta’s work if it did not contain far more deeply seated criticism, for his robots are sufficient unto themselves. He builds machines for their own sake and not for the sake of humans. It is immaterial to him whether his machines are helpful to us; he does not think of machines in relation to humans. His robots may exist in relationship to us, to our world, but they are self-sufficient. Our human focus on utility (the robot can lift my grandma out of bed better than I can) and gain (the robot can work 24 hours a day in the warehouse without getting tired) is turned entirely upside down in Peschta’s artwork. He questions the economic and political orientation behind our future dream machines. Because – as said – a machine is a machine, and the far more important question we should be asking is: What do we intend with these future tools of illusion, and who determines that agenda?

Manuela Naveau, Kuratorin und Projektmanagerin Ars Electronica          
www.manuelanaveau.at

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